Bluesky wirbt um Staatsoberhäupter

Nachdem sie zuerst nicht erwünscht waren, dürfen sich auch nun Regierungschefs in dem sozialen Netzwerk anmelden. Eine Verifikation gibt es jedoch nicht.

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Bluesky auf blauem Himmel mit Wolken

(Bild: Primakov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Nico Ernst

Mit einem lapidaren Posting hat sich Bluesky für die Spitzenpolitik geöffnet: "Übrigens … wir haben unsere Politik 'keine Staatsoberhäupter' aufgehoben", lautet der Text. Das stellt für das soziale Netzwerk eine Kehrtwende dar, denn noch vor knapp einem Jahr hatte Bluesky betont, dass Regierungs- beziehungsweise Staatschefs nicht erwünscht sind.

Der Dienst begründete das damals, als die Wartelisten für Einladungscodes in die Millionen gingen, mit der Tatsache, dass er ein rapides Wachstum nicht bewältigen könne. In den USA spöttelten auch Leitmedien wie Fortune darüber, dass nicht einmal Präsident Joe Biden eine Einladung für Bluesky erhalten habe. Seit zwei Monaten ist das jedoch nicht mehr nötig – jeder kann sich jetzt anmelden. Sogar Präsidenten.

Als erster glaubwürdig erscheinender Account ist vor Kurzem der des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva auf Bluesky aufgetaucht. Ganz sicher sein können Nutzer sich da jedoch nicht, denn eine tatsächliche Verifizierung von Accounts, wie es sie früher bei Twitter gab, bietet Bluesky nicht. Auch auf der Kampagnenhomepage von Silva ist sein vermeintlicher Bluesky-Account in der Navigationsleiste bisher nicht aufgeführt. Und auch Joe Biden persönlich hat sich wohl bisher nicht gemeldet, stattdessen gibt es zahlreiche Fake-Accounts, die mal als Parodie, und mal gar nicht gekennzeichnet sind.

Dass Bluesky dem heute X genannten Dienst, den Elon Musk noch als Twitter 2022 übernommen hatte, Konkurrenz machen will, ist durch das Werben um Staatschefs offensichtlich. Auch wenn sich manche Organisationen, vorwiegend Medien, in letzter Zeit von X zurückziehen, ist der Dienst in der internationalen Politik noch immer ein wichtiger Faktor. Bei jeglichem Großereignis gibt es in kürzester Zeit Postings bei X, mit denen Politiker Stellung nehmen.

Nicht nur die fehlende Verifizierung, die es insbesondere für Politiker bei X nach einer Phase des Chaos wieder gibt, dürfte Bluesky jedoch den Weg zum politischen Netzwerk schwer machen. Zahlreiche Funktionen wie Direktnachrichten oder eine integrierte Übersetzung fehlen noch. Zwar gibt es auf Bluesky einen "Übersetzen"-Button, der leitet jedoch nur mit einer Kopie des Textes eines Posts auf Google Translate weiter. Am schwersten dürfte jedoch die Abwesenheit einer konsequenten Moderation der Inhalte wiegen. Bluesky setzt hier ganz auf den Community-Gedanken. Mittels des mittlerweile frei zugänglichen Tools "Ozone" kann man sich anhand von Stichworten seine eigene Bubble zusammenklicken.

(nie)